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Berichte & Ergebnisse 2018

Alle Wege führen nach Schmiedefeld

Beitrag von Philipp Ullrich.

Viele Läufer haben eine imaginäre Liste mit Wettkämpfen, die sie irgendwann mal laufen möchten. Bei einigen stehen die Marathons in New York, London oder gar Honolulu ganz oben. Dort werde ich mit ziemlicher Sicherheit nie starten, dann schon eher in Boston, beim Bienwald-Marathon in Kandel oder eben am Rennsteig. Der Rennsteiglauf spukt mir eigentlich schon seit langem im Kopf herum. Da ich aber einige Jahre überhaupt nicht gelaufen bin, war das Thema eine Zeit lang nicht aktuell. Nachdem ich letztes Jahr dann doch wieder regelmäßig trainieren konnte, habe ich mich im November für den Ritt von Eisenach nach Schmiedefeld angemeldet. Der Supermarathon ist mittlerweile 73,5 km lang, auf denen insgesamt 1874 positive Höhenmeter zu überwinden sind. Für einen Flachlandläufer schon eine Ansage.

Freitag Nachmittag bin ich nach der Arbeit mit dem Zug nach Eisenach aufgebrochen. Die dortige Innenstadt sah schon sehr nach Startort aus. Überall begegnete ich Läuferinnen und Läufern mit gelbem Kleiderbeutel und auf dem Marktplatz standen der Startbogen und ein großes Zelt, in dem statt Pasta Klöße mit Gulasch und Rotkohl serviert wurden. Nach meinen ersten Bissen erklangen jedoch die ersten Akkorde einer Schlagerband in ohrenbetäubender Lautstärke, sodass ich das Zelt schnellstmöglich wieder verlassen habe. Ich musste ja auch noch meine Unterkunft finden. Übernachtet habe ich standesgemäß mit Schlafsack und Isomatte im Massenquartier in einer Schule. Das habe ich davor zuletzt 1993 beim DJK-Bundessportfest in Bamberg gemacht. Nur dass damals für mich noch 1500 m auf dem Programm standen, im Thüringer Wald sollte es ein bisschen weiter werden. Am anderen Morgen gab es ab 3:30 Uhr Frühstück, um fünf wurden wir dann mit Bussen zum Marktplatz gebracht, auf dem es schon von Startern wimmelte. Bevor es losging, musste ich dem Moderator noch Rede und Antwort zu meinen Beweggründen und Zielen stehen, auch hat er es sich nicht verkneifen können, sich ein bisschen über die Berliner Berge à la Prenzlauer Berg lustig zu machen. Mit dem traditionellen „Gut Runst!“ und einem „Sport frei“ hat er mich dann auf die Strecke geschickt.

Um 6:00 Uhr war der Start. Mir war etwas mulmig zumute. Bis Mitte April lief meine Vorbereitung weitestgehend gut, dann wurden Beschwerden in einer Ferse/Achillessehne immer akuter, sodass ich in den letzten Wochen kaum noch trainieren konnte, sich auch der ganze Bewegungsablauf und Rhythmus verändert haben. Aber jetzt stand ich schon mal am Start, da musste ich eben das beste daraus machen. Mit viel Adrenalin ging es aus der Eisenacher Altstadt raus. Nach ein paar hundert Metern waren auch schon die ersten Serpentinen zu erklimmen und der Wald begann. Überwiegend ging es über einfach zu laufende Waldautobahnen, nur vereinzelt gab es im weiteren Verlauf ein paar etwas technischere Passagen. Toll war der Blick von einer der Höhen über Eisenach auf die umliegenden Täler, in denen der morgendliche Dunst in der ersten Sonne funkelte. Für mich liefen die ersten Kilometer ziemlich gut, auch meine Fersenschmerzen wurden weniger. Bei Kilometer 10 hatte ich 47:20 auf der Uhr, bei Kilometer 20 waren es 47:18 Minuten mehr. Noch hielt ich das für das moderate Anfangstempo, das ich mir gewünscht hatte. Später sollte sich aber leider herausstellen, dass ich deutlich langsamer hätte anlaufen müssen, zumal wohl nach 25 Kilometern auf dem Großen Inselsberg auch schon die ersten 1000 Höhenmeter geschafft waren. Im Anstieg zum Großen Inselsberg hatte ich meine ersten Gehpassagen, es sollten nicht die letzten sein. (Irgendwann später habe ich mir sogar auf flachen Stücken eingeredet, es würde hoch gehen, nur um ein paar Meter gehen zu dürfen.) Bis dahin ging es mir noch gut, aber nach etwa der Hälfte der Strecke war ich schon ziemlich angestrengt. Beim Bergauf- und Bergablaufen fehlte mir die Übung, entsprechend belastet waren meine Beine, auch hatte ich das Gefühl, dass zu wenig Energie aus meiner Verpflegung auch in den Muskeln ankommt. Bei Kilometer 40 war ich dann schon müde. Bei einem Marathon kein Problem, hier waren aber noch über 30 km zu laufen, bei sommerlichen Temperaturen. Am Grenzadler habe ich dann zu meinem Gel auch noch zwei Schmalzbrote mit Salz gegessen und einen Liter Apfelschorle, Tee und Cola getrunken. Danach ging es mir wieder etwas besser, aber das kleine Zwischenhoch sollte nicht lange anhalten. Irgendwann habe ich nur noch von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation gedacht und mich darauf konzentriert, mein Minimalziel einer Zeit von unter sieben Stunden zu erreichen. Trotzdem hatte ich auch immer wieder Augen für den schönen Wald und die Wiesen um mich herum und Zeit für so manche Plauderei mit anderen Läufern. Die Landschaft muss ich mir noch mal in etwas besserer Verfassung angucken. Die letzten Kilometer waren dann reiner Wille anzukommen. Das muss beim nächsten Mal besser werden. Nach 6:47:52 kam ich als 62. Mann ins Ziel, 5 Läuferinnen waren vor mir. (Insgesamt werden in der Ergebnisliste knapp 1500 Männer und 322 Frauen geführt.) Eigentlich für ein Debut ganz in Ordnung, nur hätte die Zeit mit deutlich weniger Quälerei zustande kommen müssen. Ich muss mir wohl auch eingestehen, dass ich fünf Jahre Laufpause nicht einfach mit einem Jahr Training wieder wettmachen kann. Da ist doch mehr Geduld angebracht. Ein anderer Rennsteig-Rookie, Florian Neuschwander, hat gleich gewonnen. Obwohl er den Wettkampf aus dem vollen Training für Western States heraus gelaufen ist, kam er nach 5:14:13 als Erster ins Ziel. Bei den Frauen gewann Daniele Oemus in 5:50:23. Nach ein paar Kilometern hatte sie mich gefragt, ob das die Spitzengruppe ist, in der wir da laufen. Nachdem ich ihr geantwortet habe, dass bestimmt noch 15 Läufer vor uns sind, meinte sie nur, dass sie sich die dann eben später schnappt.

Bestimmt war das nicht mein letzter Start in Eisenach. Ich komme wieder. Der Supermarathon ist wirklich ein in unserer Gegend einzigartiger Lauf, perfekt organisiert von vielen, vielen tollen Helfern. Und um noch mal auf den Anfang zurückzukommen: Die Gretchenfrage „Wie hältst du’s mit Werner Sonntag?“ kann ich nur mit einem klaren „Irgendwann muss auch ich.“ beantworten. Aber vorher hole ich mir dann ein paar Tipps von Ruth.

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