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Berichte & Ergebnisse 2009

Laufen in der Parallelwelt, Teil 3.

Beitrag von Christian Luther.

Der Belziger Burgenlauf gehört zu den Läufen, für die Ralf eine eigene Kategorie eröffnet hat: Läufe in der Parallelwelt. Sie zeichnen sich durch niedrige Startgebühren, eine familiäre und - was damit oft nicht identisch ist - liebevolle Organisation aus, bei der das gesamte Dorf oder die Kleinstadt dazu beiträgt, dass die Veranstaltung reibungslos abläuft. Wie in Diedersdorf geht es auch in Belzig jedes Jahr um die Wurst, mit dem Unterschied, dass hier zwar nur die Gesamt- und AK-Gewinner in ihren Genuss kommen, diese dafür aber um so reichhaltiger belohnt werden. Ca. 5kg wiegt die Tüte, die die Sieger nach der Ehrung in den Händen halten.

Ein weiteres Merkmal der Läufe in der Parallelwelt betrifft den Umstand, dass hier Läufern, die das Pech der späten Geburt hatten, die Möglichkeit geboten wird, Laufwettkämpfe so kennen zu lernen, wie es Eventagenturen gerade wieder zu erfinden suchen: als Fest. Die strenge Einhaltung bestimmter Rituale ist hier obligatorisch, in Belzig zählt dazu der Ehrenstart auf der Burg. Wenige Minuten vor dem scharfen Start sammelt sich die Läuferschar auf dem Hof der Burg Eisenhardt, um anschließend angeführt von zwei prachtvollen Pferden den Weg zum Marktplatz anzutreten, wo der scharfe Start vollzogen wird. Ein Blick in die Archive verrät, wie alt die Tradition ist, die der Burgenlauf fortführt.

Gar so alt ist seine Geschichte dann doch nicht, denn in diesem Jahr hallte der Startschuss zum 32. Mal durch die herbstliche Stadt und eröffnete die Wettkämpfe über 8km und 25km am 11.10.2009. Die lange Strecke ist eine hervorragende Gelegenheit, sich von der Straßensaison zu verabschieden und zugleich die Crosssaison zu eröffnen. Je nach Wetterlage fällt dieser Einstieg sanft oder heftig, wie in diesem Jahr, aus. Vom Regen in den Tagen vor dem Rennen unter Wasser gesetzt, verwandelten sich die Feld- und Waldwegen in ein Netz aus riesigen Pfützen, unterbrochen von schlammigen Abschnitten, in denen sich nur Schweine wohl fühlten - oder eben Läufer, so sie noch Kraft in den Beinen spürten. Ich gehörte nicht dazu.

Die WK-Vorbereitung ließ auf eine gute Zeit, 100 Minuten in meinem Fall, hoffen, wie schön, am Start auch Gleichgesinnte ausmachen zu können. Wie schon bei den "25km von Berlin" hatte ich meine Uhr vergessen, wobei das in Belzig ohnehin nicht so wichtig ist, da lediglich die letzten 3 Kilometer einzeln markiert sind. Bis dahin gibt es nur alle 5 Kilometer ein Schild, absolut ausreichend für einen Lauf, dessen Profil ein gleichmäßiges Tempo verhindert. Gleich die ersten 5km führen fast auf die höchste Erhebung des Flämings, den Hagelberg, wo auch eine Bergprämie ausgeschrieben ist. Danach kann man es rollen lassen bzw. muss sogar etwas Druck machen, um verlorene Zeit aufzuholen. In diesem Jahr blies uns der Wind hier frontal ins Gesicht, gut, dass wir ein kleines Trio bildeten. Die ersten Waldpassagen gaben einen Vorgeschmack auf die Schlusskilometer, an die wir noch keinen Gedanken verschwendeten. Mit einem beherzten Antritt setzte sich kurz vor Schmerwitz Matthias Weis vom LTC nach vorn ab, um auf Karsten Lüdtke von den Jelly Bears Berlin aufzuschließen. Weder ich noch Volkmar Schade vom SV Kloster Lehnin wollten hier mitgehen, wir blieben bis KM 15 zusammen. Mit Volkmar zusammen zu laufen, war unterhaltsam, da er aus der Region stammt und in den Dörfern entsprechend gefeiert oder wenigstens gegrüßt wurde. Auf halber Strecke wird deutlich, dass der Burgenlauf nicht nur wegen der Burg Eisenhardt so heißt, denn hier passieren wir Wiesenburg samt gleichnamiger Burg, auf deren Innenhof ein Verpflegungspunkt aufgebaut ist. Erbaut vom Gründer der Mark Brandenburg, Albrecht dem Bären, bewegen wir uns auf geschichtsträchtigem Boden. Am Ortsausgang Wiesenburg steht das KM15-Schild, für 100 Minuten reicht es wohl nicht mehr, gleichwohl der nun von hinten schiebende Wind etwas Hoffnung entfacht. Hier hat man seit langem auch Gelegenheit, das vordere Feld wieder zu Gesicht zu bekommen. Der Abstand zum Duo Weis/Lüdtke blieb konstant, zwischenzeitlich hatte Weis sogar versucht, sich nochmal abzusetzen. Der Wind schiebt zwar, kann die Steckenbeschaffenheit damit aber nicht aufwiegen. Nasser Sand und kleinere Hügel zehren an den Kräften. An die Reserven geht es jedoch erst bei KM17/18. Hier führt die Strecke wieder in den Wald, auf einen Weg, der vielleicht im Hochsommer diesen Namen verdient, jetzt aber eine Mischung aus Pfützen, Schlamm und Grasnarben bildet. Um das Geläuf im Blick zu halten, lasse ich Volkmar ein paar Schritte ziehen. Schnell wird mir klar, dass es nicht dabei bleibt, dass ich die Kontrolle über den Lauf verloren habe. Wo ich anfangs noch Kraft in den Beinen spürte, hat sich nun der Schmerz breit gemacht. Die Fußsohlen schmerzen, die Fußgelenke sind vom permanenten Wegrutschen überfordert und die Knie solidarisieren sich. Mehr als einmal kurz davor, zu Boden zu gehen, nahm ich nun häufiger den direkten Weg durch den Schlamm resp. die Pfützen. Die Lücke zu Volkmar vergrößerte sich zusehends, dafür wurde die zu Matthias Weis kleiner. Mit dem Franzosenberg wartet nach einem kurzen Asphaltabschnitt die letzte Gemeinheit auf die Läufer. Hier war ich so weit von dem entfernt, weswegen wir uns immer Donnerstags auf der Bahn treffen, dass ich kurz überlegte, den kleinen Anstieg gehend zu erklimmen. Um mein Platz unter den ersten Zehn, Tagesziel Nr. 2, nicht zu gefährden, blieb ich beim Laufschritt. Nach einer letzten sehr crossigen Passage folgten die finalen zwei Kilometer auf bestem Asphalt, die ich herbeigesehnt hatte, um wieder Fahrt aufzunehmen - es blieb ein Traum. Der enthusiastische Empfang am Ziel an der Burg lässt einen kleinen Teil der Schmerzen vergessen, wenigstens zeitweise, denn schon eine Stunde später fühlt sich der gesamte Körper wie ein Wrack an.

Im Ziel versicherten wir uns alle, heute nicht nur den härtesten Burgenlauf, nein den härtesten Lauf überhaupt erlebt zu haben. Und dabei hatten wir sogar noch Glück: die Temperaturen blieben zwar im einstelligen Bereich, aber der angekündigte Regen blieb zum großen Teil aus. Mit der Siegerehrung waren die Veranstalter schneller als wir unter der Dusche unseren Dreck los wurden. Der Sieg ging an Oliver Müller vom PLC, der sich diesen Platz in beachtlichen 1:35:26h klar vor dem Zweitplatzierten Ralph Peschel (ESV Lok Potsdam) sicherte. Bei den Frauen siegte Ursula Brümmer (Jelly Bears Berlin) in 1:54:21h, gefolgt von Antje Ungewickell (LTC) und Ullika Schack. Für mich blieb die Uhr bei 1:43:30h stehen, über 4 Minuten schneller als letztes Jahr und mit Platz 9 auch unter den ersten Zehn. Puh!

Alle Resultate und die Anmeldung fürs nächste Jahr unter www.burgenlauf.de .

(Das obige Bild stammt von http://www.burgenlauf.de/geschichte.php .)

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