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Berichte & Ergebnisse 2015

Enttäuscht, trotz Platz 1 beim 35. Berlin-Halbmarathon. Ein Zustands- und Gefühlsbericht

Beitrag von Horst Matznick.

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Kruzitürken, das Fluchwort, wenn etwas gänzlich danebengeht oder zumindest bei Häufung vielfacher Zweifelhaftigkeit, sei mir erlaubt. Dinge, die ich nicht glauben kann, passieren. Immer wieder. Wären es Fehler, nun, gut, das ließe sich abstellen, denn zweimal denselben zu machen, bedeutet mangelnde Lernfähigkeit. Beim Sport umso mehr, obwohl gerade dort Faktoren eine Rolle spielen, die ungeahnt sind. Gerade heuer, wie mein Wiener Freund Georg sagen würde.

Heute, ein Tag so recht zum Faulenzen (Nichtausgeschlafenheit wegen der Zeitumstellung in Erwartung der Sommerzeit, zudem regnerisch, Pfützen auf den Straßen und ein bisschen trübe). Da soll sich der geneigte Weltbetrachter unter Ausblendung der schrecklichen Ereignisse der letzten Tage (Flugdrama in den französischen Alpen) mit dem Halbvergnügen eines reduzierten Marathons, nämlich eben dem Halben, abgeben. Es fiel mir schwer, weil insbesondere die sehr persönlichen, körperlichen Voraussetzungen alles andere als ideal waren, um nicht zu sagen: Defizite des Trainingszustands aufgrund...lassen wir das.

Und doch, es war der 35. Berliner Halbmarathon am 29.03.2015, an dem (man höre und staune) 32.025, davon 12.000 (=37,47% !) Frauen aus 106 Nationen teilnahmen. Einer davon war ich. Wir alle und eine wider Erwarten nicht zu übersehende Publikumsmenge trotzten dem Wetter, ja, hatten sogar richtig Lust dabei zu sein. Endlich mal wieder nach abgehaktem Winter, der in Berlin 2014/2015 eigentlich ausgefallen war, auf der Straße an einem Wettkampf teilzunehmen, brannte förmlich unter den Fußsohlen. Kurz nach Frühlingsbeginn ergreift alle Vierjahreszeitmenschen stets Aufbruchstimmung. Alles wird aufgeräumt, verändert, neu angepackt, Altes verschwindet und die Besinnung zur Selbsterneuerung bleibt unausweichlich. Um es genauer zu sagen, vorhandenes Zipperlein verschwindet wie von selbst, ist plötzlich einfach weg. Humbug, Aberglaube, Selbstheilungskräfte? Mag ja stimmen, aber, wenn's einen so richtig erwischt, ist jeder (gesunde!) Weg der Heilung willkommen. Ich ließ die Tabletten beiseite und sagte mir, später vielleicht, höre auf deinen Körper und nicht unbedingt auf die Risikoantworten der Ärzte und Apotheker.

So zumute war der Halbmarathon ein ausgesprochen gutes Elixier jenes Frühlingserwachen erneut auszuprobieren. Umstände, etwa wegen zu geringem Training, zu schlechter Kondition usw. nicht zu laufen, lagen merklich vor, jedoch war der Drang, es gerade deshalb zu versuchen, in den letzten vier Wochen merklich gestiegen. Allein die Teilnehmerzahl brachte mich ins Schwanken. Kann das gutgehen? Die Zahlen steigen rapide, gibt es demnächst auch Zulassungsbeschränkungen?

Heute war alles entspannt. Keine Hektik, fast Gelassenheit, man nahm sogar die 12minütige Startverspätung (statt 10:05 Uhr erst um 10:17 Uhr) in der Karl-Marx-Allee in Berlin-Mitte in Kauf. Dennoch keine Anzeichen von Nervosität, Lampenfieber oder Aufregung wie beim Marathon häufig zu beobachten. Es sind ja nur 21,0975km. Die Asse laufen die Strecke in knapp unter einer Stunde. Die Skater benötigen sogar nur 30 Minuten. Und wir, das „Fußvolk“? Beim Halbmarathon hat sich viel gewandelt. Die Einsteigerquote ist hoch und die Leistungskurve kann sich sehen lassen. Das Tippel-Tappel-Geschwader gehört dennoch ebenso dazu. Wie sonst käme bei den inzwischen längst gepfefferten Startgeldern der Veranstalter das Geld massig in die Kasse? Wenn demnächst wohl auch unberechtigterweise eine Teilabgabe von 1 ¤ je Finisher an die Leichtathletikverbände abgeführt werden soll (hier: mal eben 35.000 ¤) und weitere Erhöhungen durchaus folgen könnten, dann fragt sich das gemeine Läufervolk mit Recht, soll ich mir das weiterhin antun?

Ich wurde in diesem Jahr gesponsert. Auch das gibt es. Der rührig um den Fitness-Sport seiner Beschäftigten (Uta, die mir Angetraute, gehört dazu) bemühte Arbeitgeber bezog selbst Familienangehörige mit ein. Als nicht mehr zu den Produktivkräften zählender (dezenter Hinweis: nach mehr als 50 Arbeitsjahren gestatte ich mir die jetzt andauernde Auszeit) durfte ich dennoch unentgeltlich starten. Und das (überraschend) mit Erfolg. Mir gelang der erste Platz. Richtig gehört: Sieg beim 35. Berliner Halbmarathon. Relativiert: In der Klasse M75. Die Konkurrenz wird spärlicher (nur noch 42 Finisher von 56 Anmeldern), obwohl - um jetzt die Kurve zur Überschrift zu kriegen - 1:50:00 ein wenig blamabel, ja, frustrierend wirkt. Wie oft habe ich es schon erlebt, dass bei Langstrecken genau eine oder bestenfalls zwei Sekunden fehlten, um ein „besseres“ Ergebnis zu haben. Hätte es nicht auch heißen können 1:49:59? Ich hätte mich besser gefühlt, aber die verflixte Echtzeit ärgert mich.

Stunden später: Alles ist vorbei. Der Kaffee und der Kuchen schmecken, der Gram ist ausgelöscht. Schneller geht es eben nicht mehr. Ein Naturgesetz. Und es muss reichen - für den nächsten vollen Marathon in zwei Wochen - jawohl, in Wien zum dritten Mal. Der heutige Test ging nicht in die Hose.

P.S. Wer wirklich glaubt, in seinem 75. Lebensjahr noch enttäuscht zu werden, der irrt. Es ist einfach wunderbar noch dabei und gesund und munter angekommen zu sein. Dankeschön.

Die sonstigen Ergebnisse: results berliner-halbmarathon.de

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