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Dies ist ein Archiv, die aktuelle Website ist www.psb24-laufteam.de.

Berichte & Ergebnisse 2008

China Great Wall Run (von Rosi Lutz)

Beitrag von Joachim Dirks.

Liebe PSBler, eine Freundin von uns ist vor Kurzem den Great Wall HM gelaufen. Ihre Erzählung hat uns sehr beeindruckt und wir haben sie gebeten, dass wir ihren Bericht hier reinstellen dürfen. Dem hat sie zugestimmt und somit können wir nun alle daran teilhaben. Enjoy:

"Great Wall Marathon - 17 Mai 2008

Beijing 2.00 Uhr morgens:

Unerbittlich klingelt der Wecker und nach 10 min Schonzeit quälen wir uns aus dem Bett. Waschen, anziehen, eine Banane für die Energie, etwas Wasser für den Flüssigkeitshaushalt.

Als wir in die Hotelhalle kommen, ist das Getummel gross. Mindestens 150 unausgeschlafene Läufer stehen ziellos umher und wissen nicht so genau, wie es weitergeht.

Parkplatz vor dem Hotel 3.00 Uhr morgens:

Nach kurzem hin und her und einer kleinen Meinungsverschiedenheit mit einem Tourguide - es gibt nämlich kaum ”Einzelläufer”; die meisten Läufer haben sich in Gruppen organisiert und angemeldet - werden wir in einen Bus mit einer Dänischen Laufgruppe gesteckt. Kurz nach 3.00 Uhr sitzen wir dann im Bus Richtung ”Mauer”. Die Fahrt soll ca. 3 Stunden dauern.

Schlafen, Essen, Trinken, Essen, Schlafen... somit vergeht die Busfahrt doch recht schnell. Auf den kurzen Wachphasen zeigt die Chinesische Landschaft ihre Schönheit.

Duanzhuang Village 6.00 Uhr morgens:

Auf der letzten halben Stunde der Fahrt nimmt die Nervosität zu, und aus diesen Gründen ist an Schlafen nicht mehr zu denken. Ziemlich genau nach 3 Stunden erreichen wir unser Ziel: Das Fort bei Duanzhuang Village am Fusse der Berge. Hoch oben ist ein Stück der Mauer zu erkennen. Die Berge ragen furchterregend hoch in den Himmel. Der Respekt (und die Angst) vor diesem Lauf steigt noch mehr. Aber sogleich geht es weiter, denn die ”Meute” der Läufer wird immer grösser und die stetig auf den Busparkplatz einfahrenden Busse brauchen Platz. Startplatz ist ein historisches Fort, das als Teil der Befestigungsanlage der Chinesischen Mauer einen engen Talzugang bewacht. Auf dem Weg dorthin kann ich etwas abseits Thomas Wessinghage mit seiner Laufgruppe aus Deutschland erkennen. Das beeindruckt mich schon und ich bin stolz, dass auch ich teilnehme.

Startarena zwischen 6.00 Uhr und 7.30 Uhr morgens:

Jetzt geht es an die letzten Vorbereitungen. Kleidung arrangieren, Startnummer und Chip anbringen, essen, trinken, die letzten WC-Besuche, aufwärmen, andere Läufer beobachten, bewundern... Da sehe ich eine Bekannte, die auch in Guangzhou lebt und sie erzählt, dass dies hier ihr erster Marathon ist. Unglaublich!

Start 7.30 Uhr:

Nach einer kurzen Ansprache von mindestens 6 ”Chinese Officials” fällt der Startschuss für den Marathon. Die Nervosität steigt ins Unerträgliche. Ich mache mich jetzt langsam bereit, denn in 10 min startet der Halbmarathon. Und da treffe ich Laurent, einen Bekannten aus Deutschland. Die Begrüssung ist überschwänglich und wir beschliessen zusammen zu starten.

Start 7.45 Uhr:

Der Start ist unspektakulär. Wir sind gefangen in einer Meute von Läufern und passen uns deren Geschwindigkeit an. Aber nach ein paar Minuten lichtet sich das Feld und wir können unseren eigenen Rhythmus laufen. Nachdem Laurent und ich uns schon lange nicht mehr gesehen haben, gibt es viel zu erzählen und ich weiss somit auch, dass ich für den Anfang genau das richtige Tempo laufe.

Schon nach knapp 1 km biegen wir von der Landstrasse ab und die Strasse beginnt sich den Berg hinauf zu schlängeln. Das Erzählen geht nicht mehr ganz so fließend und erstirbt langsam. Die durch die Wolken spitzende Sonne und die Steigung machen das Laufen nicht leichter. Nach ca. 40 min und knapp 5 km Lauf durch herrliche Obstplantagen erreichen wir den Einstieg in die Mauer. Laurent, der heute zum dritten Mal teilnimmt, hat mich auf alles vorbereitet. So liegen wir - nach seiner Ansicht - zeitlich nicht schlecht.

Einstieg in die Mauer ca. 8.25 Uhr:

Mit dem Einstieg in die Mauer nimmt der Grad der Steilheit noch mehr zu. An Laufen ist jetzt nicht mehr zu denken, zumal der Weg teilweise nur einzeln zu begehen ist. Aber das macht nichts, denn von hier oben ist die Aussicht atemberaubend. Da ist es nicht so wichtig, ob man ein paar Minuten länger braucht.

Das ”Mauerstück”, das insgesamt ca. 3,5 km lang ist, ist natürlich das Highlight auf diesem Lauf. Einfach ist es aber nicht. Es geht lange Passagen sehr steile (ca. 25-30 cm) Stufen hoch. Dann durchquert man einen Wachturm (von diesen gibt es ca. 12) und weiter geht es wieder die Stufen hinunter. Durch die Unregelmässigkeit der Stufen muss man höllisch aufpassen, dass man sich nicht vertritt und stürzt. Sicherheit ist hier das höchste Gebot.

Ab und zu wird die Mauer, die an den meisten Stellen ca. 3 m breit ist, ganz schmal und steil und man kann sich nur einzeln an einem Handlauf den Hang hinauf bzw. hinab hangeln. Auf der unbefestigten Seite besteht Absturzgefahr! Dort müssen wir dann auch warten, denn es geht nur langsam vorwärts. Wir nutzen die Zeit für die spektakuläre Aussicht und für ein Foto. Von hier aus geht es jetzt nur noch bergab. Die 576 Stufen, die fast genau bis an den Startpunkt des Marathons zurückführen, sind extrem steil und müssen mit äusserster Vorsicht begangen werden.

Hinter einer Kurve kann ich Gerhard erkennen, der sich schon positioniert hat, um Fotos von uns zu schiessen. Mit einem ”smily face” für die Kamera beende ich dann die letzten Stufen und bin dann wieder auf der Strasse am Fusse der Berge.

Nach ca. 8 km und dem Ende der Mauer:

Leider führt die Strecke gleich nochmals ein paar Stufen hoch auf die Mauern des Forts. Meine Geschwindigkeit habe ich jetzt etwas angezogen. Auf dieser Mauer umrunden wir das Fort komplett bevor es wieder hinunter auf die Strasse geht. Die folgenden 0.8 km hatte ich gleich am Anfang des Lauf schon einmal absolviert. Jetzt leiten sie den zweiten Teil des Laufs ein und ich bin jetzt bei ca. km 9.

Ab hier gibt es kaum noch Steigungen. Die letzten 12 km kann ich mein gewohntes Tempo einschlagen. Nach ein paar Kilometern merke ich aber doch die Anstrengung der ersten 8 km. Die Beine fühlen sich schon etwas weich an. Jetzt kommen mir ab und zu die Läufer von Thomas Wessinghage entgegen, die leicht an ihren roten T-Shirts mit ihren Namen erkennbar sind. Das lässt mich etwas an meiner Vorbereitung zweifeln, denn im Durchschnitt sind sie 20-30 min schneller als ich. (Vielleicht sollte ich mich auch einmal für ein Training anmelden).

Nochmal schön wird es, wenn der Weg durch das Dorf Duanzhuang führt. Dort warten die Dorfbewohner enthusiastisch auf die Läufer und feuern sie mit ”jia you” kräftig an. Von der Ur-Oma bis zum Enkel stehen sie aufgereiht vor ihren Häusern und nehmen am Spektakel teil. Das spornt mich an und ich ziehe mein Tempo ein bisschen an. Zurück geht es dann auf Trampelpfaden durch Obstplantagen und Gärten am Ortsrand. Das macht richtig Spass.

Die letzten paar Kilometer führen wieder auf der Hauptstrasse zurück zum Fort. Jetzt bin ich froh, dass ich es fast geschafft habe, denn ich bin müde. Aber trotzdem überhole ich noch einige meiner Mitstreiter und das ist ein gutes Gefühl.

Ziel: nach 2 Stunden und 53 min:

Fast verpasse ich die Abzweigung ins Ziel für die Halbmarathoner, denn ich habe mich an die Fersen einer Marathonläuferin gehängt (was mir aber nicht bewusst war), die nochmals durchstartet. In letzter Minute packt mich ein Mann und zieht mich auf den richtigen Weg. Zum Glück. Einen vollen Marathon hätte ich dieses Jahr noch nicht geschafft. Aber das ist mein Ziel für 2009.

Ich bin den Lauf zur Erinnerung an Lars Henning und Kimo gelaufen.

Rosemarie Lutz"

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