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Berichte & Ergebnisse 2008
5. Stienitzsee Open am 06.September 2008
Beitrag von Horst Matznick.
Gleich hinter dem Weltkultur-Erbe in Rüdersdorf (Kalkwerke) beginnt die Zufahrt zum Örtchen Hennickendorf. Dass ausgerechnet diese kleine Brandenburgische Ansiedlung ein bedeutendes und zugleich beliebtes Läuferspektakel ausrichtet, ist bewundernswert und verdient volles Lob. Erstmals bin ich im Vorjahr dort gestartet und war so überrascht von der hervorragenden Organisation und Atmosphäre, der Strecke sowieso und nicht zuletzt von der Betreuung im Ziel. Alles ließ erkennen, dass nicht nur Fleiß und Perfektion die Pfeiler der Veranstaltung sind, sondern das ganze Drumherum, ja, ich möchte wirklich sagen: „Alles war so liebevoll.” Das ist bei keinem der riesigen Stadtläufe zu beobachten, weil dort an erster Stelle der Kommerz steht und der Sport oft zur Nebensache gerät, auch wenn es die marktschreierischen Veranstalter anders darstellen.
Am Stienitzsee genau das Gegenteil:
Hier gibt es ein großes Festzelt mit den notwendigen Administrationen für den funktionellen Ablauf der Veranstaltung (Startnummernausgabe etc.) und später nach den Läufen dann die Siegerehrungen. Wer es unbedingt braucht, kann zu jeder Zeit Essen und Trinken fassen, was allerdings unmittelbar vor dem Start nicht besonders ratsam ist. Drei Strecken standen zur Wahl: Halbmarathon (Start 10.00 Uhr), 12 km (11.15 Uhr) und bereits 5 Minuten später ein 3 km Fun-Lauf.
Der Start:
Alles geht locker, aber dennoch sehr korrekt zu. Zeitnahme per Chip. Der Startschuss ist sehens- und hörenswert. 4 oder 5 Kanoniere Preußisch Blau bewamst und auch sonst von der Livree her unverkennbar dem 18. Jahrhundert zugehörig, stellten sich an ihrer Lafette in Positur als aus dem Startbereich ein vielhundertfaches Zählen mit fünf, vier drei, zwei, eins erscholl. Es war das Signal für den Kanonenstartböller. Das klappte hervorragend und los ging die Hatz. Beim halben Marathon war eine schnörkelige Acht zu laufen, zunächst einige hundert Meter durch den Ort, um dann gleich in die Wiesen-, Wald- und Seenlandschaft einzubiegen. Hier geht es nicht über gleichmäßige Laufpfade, sondern querfeldein, hoch und runter, märkisch lockeren Sand und Wurzeln, auch mal ein bisschen Matschepampe und zum Schluss der ersten neun km kommt die Krönung: Ein in vollem Galopp zu laufender 910 m langer, sich durch das Feuchtgebiet unmittelbar am Südostufer des Sees schlängelnder Steg, der wegen möglicher Rutschgefahren mit Stoff bespannt war. First Class, nicht nur der Service, auch die Landschaft!
Den zweiten Teil der Acht
hatten sich - bis auf die Fun-Läufer, die dafür länger Pause hatten - alle verdient. 12 km Seeumrundung total. Jetzt fing der Spaß erst richtig an. Mitten in der Laubenkolonie spielte unbeirrt eine prächtige Samba-Trommel-Band, wenig weiter hatten die Wasserwerke ihre Einzäunung für einen Tag beiseite geschoben und das Läufervolk durfte das Wassergrundstück passieren. Die anschließenden Wiesen waren eigens gemäht, vielleicht auch, um die Bodenunebenheiten besser zu erkennen. Es war kein leichtes Laufen. Cross eben. Dann wieder Abwechslung pur: Plötzlich tauchte ein riesengroßer Holzrahmen mitten auf der Laufstrecke auf; alle mussten da durch „hüpfen”. Natürlich wurde das fotografisch festgehalten. Ich bin gespannt, wer am fotogensten war. Weiter ging es Schlag auf Schlag. Plötzlich tauchten merkwürdige Keramiktöpfe auf, die in der angehäufelten Erde umgedreht waren und so einen Schlängelparcour bildeten. Das war sozusagen Kunst in der Natur oder zutreffender „Art-Nature”.
Am Eingang eines weiteren Laubenpiepervereins saßen viele Mitglieder in fröhlicher Runde beisammen und prosteten mit ihren Kaffeetassen allen Läuferinnen und Läufern zu. Ein kurzes Stück Straße, dann rechts rein, im Bogen nach links, da musste bestimmt wieder etwas Neues kommen. Und richtig: Da stand, launig wippend, spielend, ein hitverdächtiges Gitarrenduo mit bestem spanischen Gesang. Klasse. Nur wenig später beim Durchlaufen einer kleinen Häuserzeile erfreuten sich alle Teilnehmer am erfrischenden und lauten Klavierspiel eines Bewohners, der seine Terrasse zum Konzertsaal ohne Zuschauer machte. Für Zuhörer galt, im Vorüberlaufen hinzuhören oder einfach stehen zu bleiben. Eintritt frei. Wo gibt es das sonst noch auf einer Laufveranstaltung?
Bis zum nächsten Anstieg, der ganz schön an die Substanz ging, war es nicht mehr weit. Cheerleader und dazugehörige Musik verscheuchten jede Verbissenheit, ja, ich freute mich über so viel Begeisterung, die für einige Zeit die Anstrengung vergessen ließ. Der Lauf ging weiter auf der sehr gut präparierten Strecke. Mal durchs Unterholz und dann unverhofft wieder ein kleines Stückchen Straße. Am Südwestzipfel des Stienitzsees kommt ein langer Straßenanstieg, der kurz vor der B 1 und B 5 in nordöstlicher Richtung verlassen wird und in einen Feldwirtschaftsweg einbiegt. Hier war es wegen der überraschenden Geräuschkulisse ratsam, für einen Moment die Augen zu schließen, denn auf rund 200 Metern war lautes Pferdegaloppgeräusch aus unsichtbaren Klangboxen zu hören. Raffiniert, wie Läufer und Läuferinnen motiviert werden können, dennoch war es nicht nur ungewöhnlich, sondern auch sehr lustig. Dass es unweit der Klanginstallation auch einen richtigen Reiterhof gab, habe ich gar nicht so richtig mitbekommen.
Bis zur nächsten „Einkehr” beim Anglerverein XY mussten noch etliche Höhen- und Abwärtsmeter zurückgelegt werden. Obwohl es recht drückend und warm war, spendete der Wald angenehmen Schatten. Und über die Versorgung brauchte sich niemand Gedanken zu machen. Es war alles vorhanden. Die Angler hatten nicht nur die Einlaufgasse auf ihr Grundstück wunderbar hergerichtet, sondern sogar ein richtiges Buffet aufgebaut. Wie schade, ich nahm nur Wasser, ein kurzer Trunk, der Rest ging ins Gesicht zur Erfrischung. Der einsam mitten im Wald Saxophon blasende farbige Mitbewohner war mir schon vom vorigen Jahr her bekannt. Auch dieses Mal zollte ich ihm vorüber laufend Beifall. Es machte einfach Spaß. Als der Ruf eines Streckenpostens „Nur noch ein Kilometer” kam, wollte ich das nicht glauben, denn die Erlebnisse von unterwegs waren noch gar nicht verarbeitet und schon stand das letzte Stück Finesse, nämlich der wunderbare, schon beschriebene Steg heran, auf dem jede(r) noch einmal alles geben konnte. Der Zieleinlauf war so, wie ihn alle Läufer lieben: stimmungsvoll, Beifall, Ansage mit der Zeit, Digitaluhr im Blickfeld, Chipmessung, Medaille, Wärmefolie, Interviews und dann die Betreuung. Es gab wirklich alles, sogar Sekt und Massage.
Besser kann ein Lauf nicht organisiert sein. Großes Kompliment den Organisatoren und auch den Sponsoren, ohne die bekanntlich nichts in dieser Güte gemacht werden kann. Mein Fazit: Nächstes Jahr wieder als gute Vorbereitung zum Berlin-Marathon. Weitersagen!
Ach ja, alles in allem waren wohl so an die tausend Läufer und Läuferinnen unterwegs, vom jeweiligen Anhang ganz zu schweigen. Aber der hat wenigstens etwas für den Bratwurst- und Bierumsatz getan.
Wen es interessiert: Meine Zeit beim Cross-Halbmarathon 1:42:41, zwei Minuten schlechter als 2007, nur meinen Platz 1 in der AK M 65 habe ich gehalten (auch der Gesamtplatz 54 ist einigermaßen passabel). Aber, was ist nur mit den Frauen los? Wieder nur zwei von 82 vor mir . So geht das nicht, verehrte Damen. Meine holde Ehefrau Uta lief die 12 km in genussreichen 1:19:32. So etwas sollten wir uns eigentlich alle einmal gönnen, dann ist die Erfolgsstory des Frauenlaufes zumindest, was die Platzierung in diesem Wettbewerb anbelangt, wieder gerade gerückt.
Sieger Männer/Frauen
½-Marathon:
1. Noan Hain Parchi, ISR, Brooks Running Berlin, 1:15:05/ km-Schnitt 3:35 (war 3. beim 19. Havellauf und will - bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin für Israel im Marathon starten).
1. Silke Dietz, GER, ohne Verein, 1:40:05
12 km
1. Lennart Sponnar, Brooks Running Berlin, 38:46 (fünfmaliger Sieger beim Havellauf) 3:14/km-Schnitt
1. Sylvia Jacobs, LC Ron Hill Berlin, 50:46
3 km
Siegerzeit Männer 12:15
Siegerzeit Frauen 14:31
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