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Dies ist ein Archiv, die aktuelle Website ist www.psb24-laufteam.de.

Berichte & Ergebnisse 2006

Olympiasiegerinbesieger...

Beitrag von Robert Kappeler.

Mitten in den Advent wieder 'mal etwas Neues von der anderen Seite des Atlantiks. Nachdem Ihr alle ja schon vom japansichen Arm der „Gelben” auf den neuesten Stand gebracht wurdet, nun auch Aktuelles von der Tex-Mex-Front. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Mittlerweile habe ich mich in Mexiko ganz gut eingelebt, auch wenn die Lauferei aus diversen Gründen immer noch nicht so optimal klappt. Meine Wochenkilometer pendeln zwischen 30 und 60, angereichert mit Einheiten auf dem Fahrradergometer. Zugang zu einer 400m-Bahn habe ich auch nicht, was das Tempotraining erschwert und vernünftiges Tempogefühl unmöglich macht. 1000er-Wiederholungen in 3:45min. fühlen sich jedenfalls ziemlich hart an. Bei einem 10er-Wettkampf auf 3000m Seehöhe mit ca. 300 Höhenmetern bin ich dann auch knapp über 40 Minuten geblieben, was aber trotzdem zu Gesamtplatz 5 und einer netten Siegerehrung gereicht hat. Mit durchaus gemischten gefühlen machte ich mich letzten Donnerstag also nach Dallas ins benachbarte Texas auf, um dort am Halbmarathon im Rahmen des White Rock Marathons (http://www.runtherock.com) teilzunehmen. Im Gepäck jede Menge Ungewissheit über meine tatsächliche Leistungsfähigkeit im Flachland. Als Faustformel hatte ich mir vorgenommen, das 10er-Tempo aus 3000m Höhe auf einer schnelleren Strecke auf praktisch Meeresniveau wiederholen zu können. Zu Trainingszwecken begab ich mich auf den Katytrail (http://www.katytraildallas.org), einer zur Laufstrecke umfunktionierten früheren Bahntrasse von 3,5 Meilen Länge, mit Markierungen jede viertel Meile. Bei eiskalten Temperaturen knapp über null Grad testete ich, ob die angedachten 96 Sekunden pro viertel Meile funktionieren könnten. Das klappte, aber immerhin brauchte ich sechs Versuche, um das Tempo einigermaßen zu treffen.Auf der Strecke waren jede Menge Läufer unterwegs, auffällig, dass es vor allem im Vergleich zu Berlin viel mehr jüngere und viel mehr weibliche Sportler gibt! Mäßig begeistert machte ich mich also auf zur Startnummernausgabe, die ähnlich wie in Berlin in eine – allerdings viel kleinere – Messe eingebettet ist. Anschließend zur bombastischen Pasta-Party, abgehalten in einem Luxushotel. Für die 15 US-Dollar gab es ein unglaublich üppiges Büffet mit Nudeln, Salat, Nachspeisenauswahl, und alkoholfreie Getränke kostenfrei! Dazu eine interessante Podiumsdiskussion mit einigen Legenden der Langstreckenszene, Jeff Galloway, Bill Rodgers, Frank Shorter, Joan Benoit Samuelson und Arturo Barrios, vor lauter Ehrfurcht hätte ich beinahe das Essen vergessen! Andere Läufer erwiesen sich als sehr kommunikativ, und meine „Geschichte” als in Mexiko lebender Deutscher mit anständigen Laufergebnissen machte mich ruck-zuck zum gefragten Gesprächspartner. Und fast alle hatte irgendeinen Deutschlandbezug in der Tasche, sei es der Ur-Ur-Großvater, die Militärzeit in Würzburg oder die Erinnerung an das Oktoberfest. Im Mittelpunkt des gesamten Wochenendes übrigens der Charity-Gedanke, alle Helfer bis hinauf zum Race-Director arbeiten ehrenamtlich, der gesammte Überschuss fließt an ein Kinderkrankenhaus. Tags darauf also auf zum Halbmarathon, glücklicherweise war es etwas wärmer geworden, am Start waren es ungefähr 8 Grad. Bereits eine Stunde früher waren Marathonläufer gestartet, mit guter internationaler Besetzung und einem spannenden Rennen im Rennen: das Duell der Geschlechter. Die Elitefrauen starteten rund 17 Minuten vor den Männern, was genau der Differenz der Bestzeiten der schnellsten teilnehmenden Frau bzw. Mannes entsprach. Wer zuerst das Ziel erreichen sollte, wurde mit 25.000 US-Dollar belohnt. Um es kurz zu machen: Kurz nach Meile 24, also etwa km 38, zog der spätere Männersieger Moses Kororia aus Kenia (2:12:05) an der Russin Svetlana Ponomarenko (2:29:55) vorbei, am Ende lagen sie etwa 300 Meter auseinander. Unser Startschuss wurde um kurz nach 9 Uhr von 400m-Weltrekordler Michael Johnson abgegeben, und los ging es zunächst auf der Marathonstrecke durch das West-End von Dallas, danach nach Uptown, und wie der Name schon nahe legt, stetig leicht bergauf, bis zu Meile 6 waren 50 Höhenmeter zu bewältigen. Sehr interessant übrigens zu sehen, wie die Stadt so aussieht, wenn gerade ein mittelgroßer Marathon (ca. 7000 Starter) durchgezogen ist! Kleidungsstücke und Verpflegungsreste am Straßenrand, schon leicht gerupfte Verpflegungsstände, einzelne Aussteiger! Die ersten Meilentafel hatte ich glatt übersehen, und bei Meile 2 war ich höchst überrascht, war ich doch erst 12:14 Minuten unterwegs. Vorsicht an den Tag legend lief ich weiter, aber es fühlte sich weiterhin gut an, meine anfänglichen Mitläufer konnten nicht mehr folgen. Die fünfte Meile dann sogar unter 6 Minuten! Da ich mir und meinen Fähigkeiten aber nicht so recht traute, nahm ich weiterhin Tempo heraus, und bei sieben Meilen -nun auf vom Marathon getrennter Route - war ich nach 42:44 Minuten. Da immer noch keine große Müdigkeit einsetzte, beschloss ich, ab sofort die Sechs-(Minuten-pro)-Meilenstiefel herauszuholen. Sukzessive lief ich zu anderen Läufern auf, und vier Meilen vor dem Ziel vereinigten sich die beiden Strecken wieder miteinander, und die 50 Guthaben-Höhenmeter konnten nun wieder eingelöst werden. Durch den Startabstand traf man nun auf ähnlich schnelle Marathonläufer, vor allem eingebrochene Frauen, aber auch ausjoggende Pacer. Mit einem schnellen US-Marathoni lief ich zwischen 24 und 25 gemeinsam, ehe der zu seinem Endspurt in Richtung 2:23 ansetzte. Zwischenzeitlich hatte ich mich schon mit einer Endzeit unter 1:20 angefreundet, und bei Meile 12 und 1:12:09 war klar: das ist machbar! Schließlich erreichte ich das Ziel in 1:18:19h und hätte nach der Ziellinie beinahe eine entkräftet unherstehende Kenianerin über den Haufen gerannt. Zur Belohnung gab es außer dem guten Gefühl die obligatorische Medaille und eine Kappe als Top-100 Finisher. Das Ergebnis liest sich auch ganz prächtig: Platz 19 von insgesamt 4517 Teilnehmern, 2. in der M35. Einige Minuten nach mir kamen mit Joan Benoit Samuelson (Marathon-Olympiasiegerin 1984) und Bill Rodgers (Vierfachsieger in Boston und New York) noch zwei echte Laufpromis ins Ziel. Vor fünfundzwanzig Jahren hätte man sich da noch so richtig darüber freuen können. Sieger wurde übrigens Fasil Bizuneh aus den USA in starken 1:02:59 im Endspurt gegen den Kenianer Valenite Orare. Bizuneh war zwei Wochen vorher einer der stärksten Läufer seiner Mannschaft, die beim Chiba Ekiden in Japan Dritte wurde. Nach dem Wettkampf gab es in der direkt Ziel gelegenen Multifunktionshalle – dort spielt sonst Dirk Nowitzki Basketball – eine tolle After-Race-Party, wieder mit üppigem Buffet und (allerdings amerikanischem) Freibier. Bilder gibt es übrigens auch: http://www.dallasnews.com/sharedcontent/dws/pt/slideshows/2006/12/marathon_2006/ Alles in allem also eine sehr Runde Geschichte, die Spaß gemacht hat. Meine wichtigste Erkenntnis aus der Reise: Mein Performance-Unterschied zwischen der Höhe von Mexiko-Stadt und dem Flachland liegt bei etwa 8-10 Prozent, eine wichtige Erkenntnis. So kann ich frohen Mutes in die Vorbereitung für den Boston-Marathon starten, und der nächste Meilenstein steht auch schon: Bahnstraining beim PSB am 21. Dezember (so es denn stattfindet...).

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